Herzrhythmusstörungen: Psychoanalytische Perspektiven auf Unregelmäßigkeit und Angst

Herzrhythmusstörungen – unregelmäßige Herzschläge – reichen von gelegentlichem Herzstolpern bis zu ausgeprägten rhythmischen Abweichungen. Sie können sich in Herzrasen, Schwindel, Kurzatmigkeit, Brustschmerzen oder Ohnmachtsgefühlen äußern. Medizinisch betrachtet können sie mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, hormonellen Dysbalancen oder äußeren Faktoren wie Genussmitteln zusammenhängen. Psychoanalytisch betrachtet bieten sie jedoch einen Einblick in das Zusammenspiel von Körper und unbewussten Konflikten.

Psychosomatische Dimension

Bereits Freud (1915/2001) wies darauf hin, dass körperliche Symptome oft Ausdruck unbewusster innerer Spannungen sind. Herzrasen, Stolpern oder plötzliche Rhythmusstörungen entstehen nicht selten im Kontext von Stress, Angst oder ungelösten Konflikten. Das Herz wird dabei zum Symbol für Vitalität, Verwundbarkeit und die Erfahrung von Kontrollverlust.

Damasio (1994) beschreibt somatische Marker als körperliche Manifestationen emotionaler Erfahrungen. Herzrhythmusstörungen lassen sich daher als körperlicher Ausdruck von inneren Spannungen, Leistungsdruck oder existenzieller Angst verstehen. Besonders junge, körperlich gesunde Menschen berichten, dass intensive Gefühle, Nervosität oder Überforderung das Herz „ins Stolpern“ bringen – ein Hinweis darauf, wie stark emotionale Zustände physisch erfahrbar werden.

Psychoanalytische Begleitung

Eine analytische Auseinandersetzung kann die Erfahrung von Herzrhythmusstörungen vertiefen und stabilisierend wirken:

  • Aufklärung und Reflexion: Die bewusste Auseinandersetzung mit dem Symptom reduziert Angst und fördert Selbstwahrnehmung.

  • Bearbeitung von Angst und Kontrollverlust: Unbewusste Konflikte, die sich körperlich manifestieren, können im therapeutischen Prozess reflektiert und integriert werden.

  • Integration körperlicher Erfahrung: Herzsymptome werden als emotionale Signale verstanden, die Zugang zu verdrängten Affekten eröffnen.

  • Unterstützung der Selbstwirksamkeit: Entscheidungen über medizinische Interventionen lassen sich im Bewusstsein der eigenen psychischen Ressourcen treffen.

Freud (1923/2001) formulierte: „Wo Es war, soll Ich werden.“ Übertragen auf Herzrhythmusstörungen bedeutet dies, dass körperlich erlebte Angst, Unsicherheit und Kontrollverlust bewusst wahrgenommen, reflektiert und psychisch integriert werden können.

Fazit

Herzrhythmusstörungen stehen im Schnittpunkt von Körper und Psyche. Sie sind nicht nur medizinisch relevante Signale, sondern auch Ausdruck unbewusster Konflikte und emotionaler Dynamik. Durch analytische Begleitung lassen sich Ängste bearbeiten, Stressreaktionen regulieren und das Herz als Symbol für Vitalität, Selbstkontrolle und emotionale Resonanz neu erleben. Die Verbindung von körperlicher Wahrnehmung und psychischer Reflexion eröffnet eine tiefere Einsicht in die eigene seelische Struktur.

Literatur

  • Damasio, A. R. (1994). Descartes’ Error: Emotion, Reason, and the Human Brain. New York: Grosset/Putnam.

  • Freud, S. (1915/2001). Die Verdrängung. In: Gesammelte Werke, Band 14. Frankfurt am Main: Fischer.

  • Freud, S. (1923/2001). Das Ich und das Es. In: Gesammelte Werke, Band 19. Frankfurt am Main: Fischer.

  • Lichtman, J. H., et al. (2008). Depression and coronary heart disease: Recommendations for screening, referral, and treatment. Circulation, 118(17), 1768–1775.

  • McMurray, J. J., et al. (2012). ESC Guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure 2012. European Heart Journal, 33(14), 1787–1847.

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