ADHS im Jugendalter verstehen: Ein Blick auf „Teenager“ von Barker

Einleitung

Die Adoleszenz ist für alle Jugendlichen eine Zeit der Umbrüche – hormonell, kognitiv und sozial. Für Teenager mit ADHS kommen besondere Herausforderungen hinzu: emotionale Labilität, Impulsivität, Aufmerksamkeitsdefizite und Schwierigkeiten in Organisation und Motivation. Barkers Buch „Teenager: Understanding and Supporting Teens with ADHD“ bietet praxisnahes Wissen, das Eltern, Lehrer*innen und Fachkräfte unterstützt, diese Entwicklungsphase besser zu verstehen und zu begleiten.


Zentrale Themen des Buches

  1. Herausforderungen von Teenagern mit ADHS
    Barker beschreibt die typischen Schwierigkeiten im schulischen Alltag, im Sozialleben und bei der Selbstorganisation. Jugendliche wirken oft unmotiviert oder unaufmerksam – dies ist jedoch nicht Ausdruck von Faulheit, sondern eine Folge neurobiologischer Unterschiede.

  2. Motivation und Belohnungssystem
    Jugendliche mit ADHS benötigen oft externe Struktur und Rückmeldung, um motiviert zu bleiben. Barkers Buch zeigt, wie klare Erwartungen, Routinen und positive Verstärkung helfen können, Frustration zu reduzieren und Engagement zu fördern.

  3. Emotionale Dysregulation
    Starke Stimmungsschwankungen, Reizoffenheit und Impulsivität prägen das Verhalten von ADHS-Teenagern. Barker erklärt, wie Eltern und Lehrer*innen diese Affekte erkennen, spiegeln und begleiten können, anstatt sie zu sanktionieren.

  4. Praktische Strategien
    Das Buch liefert konkrete Vorschläge, wie Eltern und Lehrkräfte:

    • Struktur im Alltag schaffen

    • Aufgaben und Erwartungen aufteilen

    • Kommunikation klar und positiv gestalten

    • Stärken der Jugendlichen erkennen und fördern

  5. Stärkung von Selbstwert und Identität
    Indem Teenager ihre eigenen Stärken und Fähigkeiten erleben, lernen sie, ADHS nicht als Defizit, sondern als Teil ihrer neurobiologischen Identität zu akzeptieren. Dies unterstützt die Entwicklung eines stabilen Selbstwerts in der oft turbulenten Jugendzeit.


Psychoanalytische Perspektive

Aus psychoanalytischer Sicht lassen sich Barkers Einsichten ergänzen:

  • Affektregulation: Die Fähigkeit, Gefühle zu erkennen, zu benennen und zu modulieren, ist zentral für die Ich-Entwicklung (Fonagy & Target, 2003).

  • Selbstwert und Spiegelung: Positive Rückmeldungen stärken die Ich-Struktur und helfen, Scham und Selbstabwertung zu reduzieren (Kohut, 1977).

  • Ressourcenorientiertes Arbeiten: Statt Defizite zu fokussieren, zeigt sich hier die Bedeutung von Lob, Anerkennung und emotionalem Halt.


Fazit

„Teenager“ von Barker ist ein wertvolles Buch für alle, die Jugendliche mit ADHS begleiten. Es kombiniert neurobiologisches Verständnis mit praxisnahen Strategien und zeigt, dass ADHS-Teenager nicht „faul“ oder „schwierig“ sind, sondern besondere Bedürfnisse, Stärken und Potenziale haben. Mit Wissen, Empathie und Struktur lassen sich Konflikte reduzieren, Motivation steigern und Selbstwert stabilisieren.


Literatur

  • Barker, R. (2021). Teenager: Understanding and Supporting Teens with ADHD. London: Routledge.

  • Fonagy, P., & Target, M. (2003). Psychoanalytic Theories: Perspectives from Developmental Psychopathology. Whurr Publishers.

  • Kohut, H. (1977). The Restoration of the Self. International Universities Press.

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