Trägheit – Die Flucht vor innerer Arbeit
Trägheit, auch Acedia genannt, wird oft als Faulheit missverstanden. Psychoanalytisch betrachtet geht es dabei jedoch weniger um fehlende Motivation als um einen Schutzmechanismus des Geistes. Trägheit ist häufig eine Art Rückzug vor inneren Konflikten, unangenehmen Gefühlen oder ungelösten Spannungen.
Trägheit als Abwehr
Sigmund Freud (1917) beschreibt in Trauer und Melancholie, dass Rückzug und Passivität oft Ausdruck ungelöster innerer Konflikte sind. Wer sich zurückzieht oder scheinbar „träge“ ist, versucht damit häufig, sich vor Schmerz, Schuldgefühlen oder Angst zu schützen. Die Trägheit wird so zu einer Abwehr gegen intensive emotionale Herausforderungen.
Psychoanalytischer Blick
Trägheit signalisiert nicht nur Vermeidung, sondern auch die Notwendigkeit, sich mit eigenen Bedürfnissen, Ängsten und Konflikten auseinanderzusetzen. Psychoanalytisch gesehen ist sie ein Hinweis auf ungelöste innere Arbeit – auf Aspekte des Selbst, die Aufmerksamkeit, Reflexion und Integration benötigen.
Trägheit im Alltag
Trägheit kann den Alltag belasten, wenn sie dauerhaft wird, Beziehungen einschränkt oder die persönliche Entwicklung hemmt. Gleichzeitig kann bewusste Reflexion über die Ursachen der Trägheit helfen, innere Spannungen zu erkennen und gesunde Wege der Selbstfürsorge und Aktivierung zu entwickeln.
Kurz zusammengefasst:
Trägheit ist mehr als Faulheit – sie kann eine Abwehr gegen innere Konflikte sein.
Psychoanalytisch gesehen signalisiert sie die Notwendigkeit, sich mit ungelösten Gefühlen und Bedürfnissen auseinanderzusetzen.
Bewusster Umgang mit Trägheit unterstützt persönliche Entwicklung und emotionale Integration.
Literatur & Referenzen
Freud, S. (1917). Trauer und Melancholie (Mourning and Melancholia). SE, 14: 237–258.
Akhtar, S. (1991). Comprehensive Dictionary of Psychoanalysis. London: Karnac.
Klein, M. (1957). Envy and Gratitude and Other Works 1946–1963. London: Hogarth Press.